Die Erde bestimmt unser Sein

Die Erde bestimmt unser Sein

Mutet der Titel spirituell an? Wenn ja, dürften Sie davon ausgehen, dass alles Irdische vom Verstand her zu betrachten ist. Das alte Descarte’sche Motto: Ich denke, also bin ich“ steht dabei im Vordergrund. Das ist der Geist des Anthropozän, des Zeitalters, das seit der Aufklärung dafür gesorgt hat, dass wir Menschen in weiten Teilen der Welt in großem materiellem Wohlstand leben. Die Folge dieser Haltung bedeutet eine Explosion der Produktivkräfte, Mega-Produktvielfalt, Forschungsergebnisse, die uns heutzutage ungeahnte Technologien wie Kernenergie, Quantencomputer oder KI bescheren.

Die Kehrseite ist jetzt nicht eine Aufzählung über mehrere Seiten, die vom Klimawandel, dem Verlust von Biodiversität, der Erosion von Humusboden, der Umweltverschmutzung durch Müll, Chemie oder andere schädlicher Emissionen berichtet, sondern einfach nur:

Verlust von lebensnotwendiger Erde

Dieser Verlust betrifft vor allem uns Menschen und alle Wesen, die auf gesunde Grundlagen für gedeihliche Existenz für heute und morgen angewiesen sind.

Der Bibelspruch: „Macht euch die Erde untertan“, ist in dem Sinne sogar ein Brandbeschleuniger, denn der, leider falsch verstanden, führte erst recht dazu, die Erde auszubeuten und im zunehmenden Maße zu einem lebensunwirtlichen Ort zu machen.

Also dann doch: Die Erde bestimmt unser Sein. Und zwar aus sehr praktischen Überlegungen heraus. Die Erde ist ein organischer Körper, riesengroß zwar, aber empfindsam und sensibel, mit einem Hang zum Selbstschutz, der für uns Menschen eher abträglich ist; Heimat bietend, und zwar für alle Menschen, egal wo sie sich befinden und die auch alle Menschen ernähren kann, wenn diese sich den Maßstäben der Erde anpassen.

Damit sind wir bei der Crux des Ganzen. Wir müssen wieder lernen, dass die Erde die Maßstäbe vorgibt und dass wir sie zu akzeptieren haben. Nicht mehr, das „Höher, Schneller, Weiter“ kann in Zukunft den Ton angeben, sondern Achtsamkeit, Einsicht, Anpassung, ein gelebtes WIR in Augenhöhe, das die Erde in zentraler Weise mit einbezieht.

Die Einstellung für die Gestaltung von Beziehungen in der Zukunft ist nicht mehr geprägt von Kooperation, Augenhöhe, Empathie, die Begriffe der Jetzt-Zeit bedeuten, sondern von Ko-Kreation.

Ausgehend vom Planeten Erde, der uns nährt, Heimstatt bietet, uns in ganzheitlicher Art und Weise wachsen und gedeihen lässt, vermittelt uns gleichzeitig ein Bewusstsein, dass alles miteinander verbunden ist. Dieses Bewusstsein umfasst die Gleichheit aller Menschen; dass wir nur gemeinsam das „Feld Erde“ bewirtschaften können; dass wir nur in solidarischem Einvernehmen uns nach den Maßstäben der Erde orientieren können; dass wir zusammenwachsen und erkennen können, dass unser Mitmensch ein Teil von uns selbst ist. Dieses Bewusstsein ist der Beginn für ko-kreatives Leben auf der Grundlage der Erde, der Bestimmerin für unseres Seins.