Gewaltfreie Kommunikation in Unternehmen

In Unternehmen und Verwaltungen, in denen das Top Management der Auffassung ist, dass sich Führungskräfte gegenüber Mitarbeiter*innen kommunikativer verhalten sollten, verordnen ihnen nicht selten Kurse in Gewaltfreier Kommunikation (GfK). Nach Absolvierung der Kurse tritt häufig der Aha-Neuerungseffekt ein, dass Mitarbeiter*innen „Morgenluft riechen“, weil die Führungskräfte z.B. umgeschaltet haben vom direktiv anweisenden Stil zum fragend entwickelnden Stil, garniert mit den Elementen der GfK, wie aktives Zuhören und Kommunizieren mit „Ich-Botschaften“.

Wird nach einem halben Jahr die Mitarbeiter*innen-Zufriedenheit gemessen, kommt häufig die Ernüchterung: Sie hat sich gegenüber dem ursprünglichen Wert häufig nur kaum, meistens gar nicht verändert, manchmal sogar verschlechtert. Wie kann sowas sein?

Der Grundirrtum beim Ansetzen von Maßnahmen, wie GfK, „Situatives Führen“, Teambildung entsteht, dass die Führungskräfte (bestenfalls) darauf aus sind, „Techniken kennenzulernen“ und ggf. bereit sind, sie auch anzuwenden.

Gerade die GfK sorgt für Unmut, weil ihr Anspruch ja „gewaltfrei“ ist, in vielen Fällen hingegen das Zeug hat, dass Mitarbeiter*innen sich düpiert fühlen, sich beim Betriebsrat beschweren und vorziehen zu kündigen. Der Schreiber dieser Zeilen ist auch als Paartherapeut unterwegs und konnte immer wieder feststellen, dass Paare nach absolvierten Kursen der GfK, endgültig die Nase voneinander voll hatten und das Handtuch geworfen haben.

Den Unterschied macht, ob Maßnahmen, wie die GfK, lediglich als Techniken vermittelt werden oder ob sie dazu gedacht sind, eine Kulturveränderung herbeizuführen. Im ersteren Fall dienen die Techniken häufig nicht dazu, das Beziehungen-Verhältnis zu verändern, gar zu verbessern, sondern sie werden als (zusätzliche?!) Möglichkeit der persönlichen Durchsetzungsfähigkeit bzw. der Manipulation verwendet.

Soll die GfK allerdings dazu dienen, ein Miteinander der Menschlichkeit, vorrangigem Leben von Beziehungen sowie einer Kommunikation in Augenhöhe zu bewirken, braucht es ganz anderer Voraussetzungen als das bloße Vermitteln von Techniken.

Kern der GfK ist „Empathie“. Allerdings nicht bloß als Begriff, sondern gelebt. Voraussetzung für das Leben von Empathie ist „Selbstempathie“. Hierin liegt die Ursache, dass GfK in der Umsetzung häufig zu kurz greift. Bin ich als Führungskraft in der Lage, mit mir in Kontakt zu kommen, auf meinen Schmerzkörper zu schauen und in mein „Seelenheil“ zu investieren? Bin ich zur Selbstreflektion bereit, von Projektionen loszulassen, mich nicht mehr als Opfer zu sehen (Schwarzes Peter Spiel) sondern für alles Denken, Fühlen und Handeln die Verantwortung zu übernehmen?

Wenn diese Voraussetzungen gegeben sein sollten, dann bestände die Chance auf nachhaltige Veränderung. Denn dann könnten Visionen, Werte wirklich gelebt werden und Mitarbeiter*innen fassten Vertrauen in Menschen (Führungskräfte!) und Prozesse, und es könnte sich auf diese Weise eine auf Dauerhaftigkeit gestützte emotionale Bindung zum Unternehmen bzw. zur Verwaltung entwickeln.

Abschließend bleibt festzustellen: weißt die Gallup Studie jährlich nahezu unverändert aus, dass ca. 85 % von Mitarbeitenden in Unternehmen wenig bis keine emotionale Bindung an ihr Unternehmen haben, liegt der Grund hauptsächlich darin, dass es keine Kultur des gelebten Miteinanders gibt. Eine Kultur, in dem das Funktionieren an der ersten Stelle steht und nicht Beziehung und Menschlichkeit, wird weiterhin die Gallup festgestellte emotionale Ferne fortschreiben.