Menschlichkeit im Arbeitsleben

Menschlichkeit im Arbeitsleben

Das System des „Höher, Schneller, Weiter“ fordert im Grunde die Selbstausbeutung der im Arbeitsleben befindlichen Menschen. Und es lässt sich dabei auch eine Korrelation erkennen, dass im Maße der Ausbeutung der sich im Arbeitsleben befindlichen Menschen ebenso unser aller Planet der Ausbeutung unterliegt.

Es gilt eine Umwidmung vorzunehmen im Hinblick auf den Ressourcenerhalt der Erde, dem Erhalt von Biodiversität und Bodenfruchtbarkeit, kurz, den Blick zu wenden und zu schärfen für 100-prozentige ökologische Nachhaltigkeit. Damit einher geht, dass das „Höher, Schneller, Weiter“ im Wirtschaftsleben endgültig ausgedient hat. Als Synonym für das „Höher, Schneller, Weiter“ steht der Begriff der Konkurrenz.

Wenn wir uns dabei dem Arbeitsleben zuwenden, steht in Zukunft nicht mehr die Konkurrenz im Vordergrund, sondern die Kooperation. Es geht daher jetzt ganz klar um Nachhaltigkeit – sowohl im Umgang mit dem Faktor Boden wie mit dem Faktor Arbeit. Die logische Konsequenz daraus ist also ein Höchstmaß an Menschlichkeit.

Was braucht es nun, damit mehr Menschlichkeit Einzug hält?

Dazu braucht es die Einhaltung folgender beider Prämissen:

  1. Die Arbeit hat dem Menschen zu dienen (und nicht umgekehrt)
    Und so, wie es Frithjof Bergmann einmal ausgedrückt hat, Arbeit (zu tun), die wir wirklich, wirklich wollen.
  2. Führungskräfte als Vorbilder für Achtsamkeit und Selbstverantwortung als organische Kräfte für positive Veränderungen.

Dem Thema „Gesundheit“ kommt dabei zentrale Bedeutung zu. Es ist wirklich spannend, in der Produktion, und da ist auch egal in welchem Wirtschaftssystem, ob Kapitalismus, Sozialismus oder welcher „-ismus“ auch immer, wird in erster Linie darauf geachtet, dass die Maschinen laufen. Sie werden gewartet, gepflegt, inspiziert und sofort bei Ausfall wieder repariert. Der Erfolg des Unternehmens hängt schließlich davon ab, dass es möglichst keine Unterbrechungen im Produktionsprozess gibt.

Was passiert, wenn Menschen krank werden?

Sie bleiben zu Hause, bis sie wieder gesund sind. Normal? Na ja, wie man es nimmt. Das Unternehmen hat ein Interesse, dass möglichst alle Mitarbeiter*innen an Bord sind, schließlich geht es bei ihnen, genau wie bei den Maschinen darum, dass sie leistungsfähig sind und produzieren. Das führt zu einem Kuriosum, dass Mitarbeiter*innen zur Arbeit, obwohl sie eigentlich krank sind, in der Fachsprache heißt das Präsentismus. Vollkommen klar, dass solche Mitarbeiter*innen nicht voll leistungsfähig sind und mit einer Stimmung zur Arbeit kommen, die sich lähmend auf die sie umgebenden Kolleg*innen auswirken.

Im Grunde haben Mitarbeiter*innen, zumindest unterschwellig, ein schlechtes Gewissen, wenn sie krank sind, schließlich werden sie den an sie gestellten Anforderungen nicht gerecht. Und das nicht nur von Seiten der Vorgesetzten, auch von Kolleg*innen, denn schließlich müssen sie die Arbeit der Kranken mitmachen. Nur, wie wirkt sich ein solches Bewusstsein auf den Gesundungsprozess von Kranken aus?

Gesundheit von Mitarbeiter*innen ist schon ein zentrales Anliegen jedes Arbeitgebers. Allerdings nicht in der Fürsorge und dem Mitgefühl für den oder die Kranke, sondern in dem Bestreben, wieder einsatzfähige Kräfte zu haben.

Krankenkassenreports weisen in den letzten Jahren aus, dass sich die psychischen Störungen, vor allem Depressionen, bei Mitarbeiter*innen häufen. Wen wundert es bei den beschriebenen Einstellungen und Reflexen gegenüber kranken Mitarbeiter*innen.

Im heute herrschenden „Höher, Schneller, Weiter Ansatz“, dem Ansatz des Konkurrenzgedankens, hat „Gesundheit“ somit eine diametral andere Bedeutung als in einem System praktizierter Menschlichkeit.